Weihnachten - Lüge oder Magie

Weihnachten – Trennende LÜGE oder verbindende MAGIE?

Wenn wir Kinder gleichwürdig, wertschätzend und auf Augenhöhe begleiten, stellen wir uns meist irgendwann die Frage, wie wir das eigentlich so mit der „Weihnachtslüge“ handhaben wollen. Ist es wertschätzend, ein Kind anzulügen und zu erzählen, dass es einen Nikolaus, ein Christkind oder einen Weihnachtsmann gibt? Und was passiert mit unserer Beziehung, wenn irgendwann die Wahrheit offenbart wird?  Genau mit diesen Fragen trat vor ein paar Tagen eine Mutter an mich heran.

Auf der einen Seite empfand sie – in Bezug auf die „Weihnachtslüge“ – einen Vertrauensmissbrauch gegenüber Ihrem Kind und auf der anderen Seite, beobachtete sie die große Freude Ihres Kindes hinsichtlich der Magie des Weihnachtsfestes.

Sie berührte mit Ihrem Anliegen genau einem Punkt, der mich selbst mit meinen eigenen Kindern (fast 4 und 5 Jahre) aktuell sehr akut beschäftigt. Wie möchte ich eigentlich selber mit diesem Thema reflektiert umgehen? Was ist meine eigene Haltung hierzu so genau? Denn letztes Jahr hatten meine Kinder scheinbar noch nicht das Bedürfnis, Details zu erfahren, um das Weihnachtsfest genauer zu verstehen. Sie nahmen einfach alles offen an und freuten sich an dem, was passierte. Dieses Jahr bahnt sich nun etwas anderes an, was mich als Mutter wieder einmal wach rüttelt, genauer zu hinterfragen:

Denn mein Sohn stellt nun sehr konkrete Fragen. Er möchte die Welt nicht nur erfahren, sondern auch  kognitiv verstehen: Wie kommt der Nikolaus ins Haus? Wie gelangen die Wünsche konkret ans Christkind? Wie schafft es das alles zeitlich eigentlich für alle Kinder in nur einer Nacht?

Ich musste mir durch die Frage der Mutter selber eingestehen, dass ich die „Weihnachtslüge“ im Hinblick auf meine Beziehung zu meinen Kindern noch nicht in aller Tiefe reflektiert habe.

In Bezug auf meinen Glauben sieht es interessanter Weise ganz anders aus. Dieses Thema habe ich rauf und runter reflektiert und kam letztlich zu der inneren Erkenntnis, dass ich ein Fest der Liebe und Verbundenheit willkommen heiße und gerne mit meiner Familie in diesem Sinne zelebrieren möchte. Ein Ausdruck dieser Liebe und Verbundenheit können z.B. Geschenke sein, die frei und ohne Bedingungen fließen dürfen. Naja, noch ein anderes spannendes Thema….

Aber zurück zur „Weihnachtslüge“: Ich bin selber mit ihr aufgewachsen und es war zunächst eine vollkommene Selbstverständlichkeit für mich, diese Tradition mit meinen Kindern weiter zu leben. Klar war da bereits ein leiser Zweifel, doch meine eigenen Erinnerungen an die vielen freudvollen Momente an ein magisches Weihnachten, die vielen Geschenke und die intensive Familienzeit verhinderten wohl, mich diesem Thema „sachlich“ zu stellen.

Und genau hier bin ich an einem für mich wichtigen Punkt. Weihnachten hat genau, wie alles andere in unserem Leben, verschiedenste Ebenen. Unter anderem eine „Sachebene“ UND eine „emotionale Ebene“.

Auf der Sachebene ist es schlichtweg eine Lüge, wenn ich meinen Kindern erzähle, dass das Christkind die Geschenke unter den Tannenbaum legt. Ich sende eine Botschaft, von der ich weiß, dass sie nicht stimmt. Auf der emotionalen Ebene hingegen können sich bei dieser Lüge sehr unterschiedliche Dinge bei Menschen abspielen. Manche Erwachsene sind selber so mit der Freude der Weihnachtsmagie verbunden, dass sie gar keinen Zweifel daran hegen, dass es etwas „Falsches“ oder „Ungutes“ sein könnte. Trifft diese Freude auf ein Kind, das an der Botschaft und der Freude ebenfalls keinen Zweifel hegt, ist es sicher eine magische Verbindung, die durch das Weihnachtsfest entstehen darf.

Andere Erwachsene fühlen jedoch aus unterschiedlichsten Gründen KEINE Freude, wenn es um die „Weihnachtslüge“ geht. Sie erinnern sich vielleicht schmerzhaft daran, wie es für sie selbst als Kind war, als das Geheimnis gelüftet wurde. Oder sie haben ganz klar die moralische Entscheidung getroffen, das eigene Kind nie und aus keinem Grund anzulügen.

Zu der Sachlüge kommt dann zusätzlich die Emotion der „Schuld“, des „Schmerzes“ oder der „Angst“ und die „Weihnachtslüge“ wird auf der Beziehungsebene zu einem trennenden Faktor zwischen mir und meinem Kind.

Und so bin ich auch in dieser Frage mal wieder an einem Punkt angelangt, an den ich immer gelange, wenn es um Beziehungen geht! Ich glaube, dass nur jeder für sich selber und die eigene Beziehung zum eigenen Kind erspüren kann, was die Weihnachtslüge macht. Und das ist von unglaublich vielen Faktoren, wie der eigenen Geschichte, dem aktuellen Umfeld und den eigenen Werten abhängig.

Auch ist die „Weihnachtslüge“ natürlich nur ein Punkt von unendlich vielen, mit der wir die Beziehung zu unseren Kindern gestalten. Lebe ich mit meinem Kind in einer gleichwürdigen Beziehung, kann eine Lüge aus vermeintlicher „Liebe“ sicher nicht die Beziehung nachhaltig erschüttern. Jedoch sollte ich mich darauf vorbereiten und offen bleiben, dass diese Lüge am Ende des Tages vielleicht doch eine Verletzung in meinem Kind hervorrufen wird und Schmerz bereitet.

Meine Absicht, mein Kind mit der Weihnachtsmagie Wert zu schätzen, kann im Moment der Offenbarung als nicht Wertschätzung erlebt und gefühlt werden. Dann darf ich da sein und offen sein, diesen Schmerz anzunehmen, anstatt meine Lüge vor mir und meinem Kind zu rechtfertigen.

Nun möchte ich Euch zum Abschluss aber noch einen für mich wundervollen magischen Nebeneffekt der Weihnachtslüge aufzeigen: Zumindest in der Welt, in der ich mich aktuell mit meinen Kindern bewege…

Die „Weihnachtslüge“ schafft eine Verbindung zu den Großeltern, die sich unglaublich freuen, ein wundervolles Weihnachtsfest mit vielen Geschenken her zu richten. Es schafft eine Verbindung zu Freunden und Nachbarn, die sich freuen uns zum Nikolaus einzuladen, wo der „echte“ Nikolaus kommt oder die uns heimlich Schokonikoläuse an die Haustür hängen. Und, es ist eine magische geheime Welt, die die Kinder untereinander verbindet, wenn sie gemeinsam nach kreativen Lösungen suchen, wie das denn eigentlich so alles funktionieren kann mit dem Nikolaus und dem Christkind.

Dennoch bin ich unsicher, was genau die „Weihnachtslüge“ mit der Beziehung zu meinen Kindern eigentlich macht. Und so mache ich es, wie bei so vielen anderen Themen auch:

Ich bleibe mit diesem Thema und meinen Kindern in Beziehung und vor allem offen und bereit, jederzeit meine Haltung und meiner Verhalten zu verändern. Nämlich dann, wenn aus einer magischen Verbundenheit eine trennende Lüge wird, die meine Kinder verunsichert.

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen eine wundervolle magische Weihnachtszeit in Beziehung mit Euren Kindern. Und ich bin selber gespannt, ob ich in diesem, im nächsten oder übernächsten Jahr meinen Kindern ganz klar sagen werde: Ja, wir kaufen die Geschenke und legen sie für Euch unter den Weihnachtsbaum!

 

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Mehr über meinen eigenen Weg von der Erziehung zur Beziehung, kannst Du hier lesen!

 

Über die Autorin:

Julia Stoch ist 39 Jahre alt, verheiratet und Mutter von zwei Kindern (3 und 5 Jahre). Sie lebt und arbeitet in München. Sie ist Dipl. Psychologin, Lernbegleiterin für das Kleinkindalter, familylab-Seminarleiterin, Coach in der „Kunst des Zuhörens“ und Entspannungspädagogin. Sie begleitet Familien und Kitas auf Ihrem Weg von der Erziehung zur Beziehung. www.lebensraumkita.de www.lebensraumfamilie.de

 

1 Kommentar

  1. Veröffentlich von Andrea Mertins am 7. Dezember 2017 um 21:54

    Ich nenne es nicht Weihnachtslüge sondern Weihnachtsmagie, der Zauber des gespielten Märchens bleibt solange erhalten, wie das Kind es möchte! Ich lüge dabei nie, wenn ich gefragt werde ob ich das Christkind gesehen habe , sage ich nein , aber als Kind habe ich mit das Christkind immer so……. vorgestellt! Auf die Frage glaubst du ans Cjristkind habe ich immer geantwortet, irgendwann hört man auf ans Christkind zu glauben, dann weiß man dass es ein gespieltes Märchen ist! Meist hat dann das fragende Kind geantwortet : ich find es aber schön zu glauben! Meine Antwort war dann solange du daran glaubst ist das Märchen für dich wahr! Später würde mit Begeisterung für die kleinen Geschwister der Weihnachtszauber weitergespielt und so weiter erhalten! Was haben die Großen gestrahlt wenn sie goldene Nüsse versteckten! Wichtig war uns aber auch ,dass der christliche Glaube und die wahre Bedeutung von Weihnachten verstanden wurde ! Bei uns stand Weihnachtsmagie und die wahre Bedeutung von Weihnachten nie im Widerspruch!

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